Bei Georg Fischer haben jetzt Frauen das Sagen: An der GV mussten zwei altgediente Verwaltungsräte zurücktreten

Kay Fehr | 
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Verwaltungsratspräsident Yves Serra führte gestern in der IWC Arena durch die Generalversammlung der Georg Fischer AG. Auf dem Screen hinter ihm ist der Verwaltungsrat in seiner alten Zusammensetzung abgebildet. Bild: Michael Kessler

In Schweizer Verwaltungsräten sitzen tendenziell mehr Männer als Frauen. Nicht so beim Schaffhauser Industriekonzern Georg Fischer. Seit der Generalversammlung vom Mittwoch, die vor rund 800 Gästen in der IWC Arena stattfand, besteht der Verwaltungsrat aus fünf Frauen und drei Männern. Roger Michaelis, wegen der Amtszeitbeschränkung von zwölf Jahren, und Vizepräsident Hubert Achermann, weil er die gesetzliche Altersgrenze erreicht hat, scheiden aus dem Gremium aus. Eveline Saupper wird Vizepräsidentin, neu gewählt wurden Annika Paasikivi und Stefan Räbsamen.

Keine zwei Wochen ist es her, dass sich Schweden auf dem Eis der IWC Arena zum Curling-Weltmeister krönte. Der Anlass, der am Mittwochnachmittag an gleicher Stelle stattfand, hatte zwar nichts mit der beliebten Wintersportart zu tun, dennoch fanden rund 800 «Zuschauer» den Weg auf die Breite. Wobei der Begriff «Zuschauer» den Aktionärinnen und Aktionären der Georg Fischer AG sowie Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft nicht ganz gerecht wird. Sie alle hatten sich eingefunden, um der 128. Generalversammlung des Schaffhauser Industrieunternehmens beizuwohnen.

Warm anziehen mussten sie sich jedoch nicht. In der Halle herrschten angenehme Temperaturen und dort, wo sonst das Spielfeld ist, war am Mittwoch Teppich ausgelegt. Mittlerweile hat sich das etabliert, es ist bereits die fünfte GF-Generalversammlung in der Eishalle. Um 15 Uhr, pünktlich wie ein Schaffhauser Uhrwerk, wurde sie vom Präsidenten des Verwaltungsrats, Yves Serra, eröffnet.

20'000 GF-Mitarbeitende

Vorab warf Serra einen Blick zurück auf das Jahr 2023, das geprägt war von angespannten Märkten, geopolitischen Unsicherheiten und dem starken Franken. Dennoch sei es GF gelungen, ein sehr gutes Jahresergebnis zu erzielen. Sein Highlight sei jedoch die Übernahme der finnischen Firma Uponor mit einem Umsatz von 1,2 Milliarden Franken gewesen; die grösste Akquisition in der Geschichte von GF, die mittlerweile fast 20'000 Mitarbeitende weltweit zählt. «Das stellt einen Meilenstein von historischer Bedeutung dar», so Serra.

Die Zusammenlegung werde das Schaffhauser Unternehmen gegenüber Konjunkturzyklen stärken und die Profitabilität sichern. CEO Andreas Müller ergänzte, dass die rasche Integration des finnischen Rohrleitungsspezialisten dazu führte, dass die Zielwerte für die «Strategie 2025» nach oben angepasst werden konnten. Zuvor kalkulierte GF mit einem Umsatz unter 5 Milliarden Franken, neu möchte der Konzern 2025 zwischen 5 und 5,5 Milliarden umsetzen.

Serra betonte auch die ausgewogene Präsenz auf den drei Kontinenten Europa, Amerika und Asien, die von grosser Bedeutung sei. Nicht zuletzt konnte der frisch sanierte Schaffhauser Hauptsitz im vergangenen Jahr bezogen werden. «Die Schweiz bleibt ein Schwerpunkt vieler unserer Aktivitäten.»

Dividende bleibt unverändert

Gemessen am gesamten Aktienkapital machten die Wertpapiere der 772 anwesenden Aktionärinnen und Aktionären nicht einmal zwei Prozent aus – dank Stimmrechtsvertretern waren trotzdem fast drei Viertel der registrierten Aktienstimmen an den elektronischen Abstimmungen beteiligt. Wie schon im vergangenen Jahr liess es sich Serra nicht nehmen, zur Probeabstimmung eine Frage aus der Welt des Fussballs zu nehmen. Ob Deutschland an der Europameisterschaft gegen die Schweiz gewinnen würde, fragte der Präsident mit einem Schmunzeln – rund 72 Prozent stimmten «Nein», was mit Applaus quittiert wurde.

Angesichts des guten Ergebnisses beantragte der Verwaltungsrat eine unveränderte Dividende von 1.30 Franken pro Aktie – «das ist ein Ausdruck von Zuversicht», sagte Serra. Über 99 Prozent der Aktionäre votierten dafür. Auch die anderen Anträge fanden mühelos klare Mehrheiten, so etwa der «Bericht über nichtfinanzielle Belange», der laut Obligationenrecht ab dem Kalenderjahr 2023 für grosse Schweizer Unternehmen von öffentlichem Interesse zum Pflichtprogramm gehört.

Kein Glanzresultat für Räbsamen

Wie schon an der vergangenen Generalversammlung kam es auch heuer zu zwei Wechsel im Verwaltungsrat von GF. Roger Michaelis stellte sich nicht zur Wiederwahl, da er die Amtszeitbeschränkung von zwölf Jahren erreicht hatte, Vizepräsident Hubert Achermann erreichte die gesetzliche Altersgrenze und schied somit ebenfalls aus dem Verwaltungsrat aus. Beide wurden von Serra geehrt. An ihrer Stelle wählte die Generalversammlung Annika Paasikivi – die ehemalige Präsidentin des Uponor-Verwaltungsrats – und Stefan Räbsamen, der von 2012 bis 2018 schon leitender Revisor für GF war.

Während Paasikivi und die sechs bisherigen Verwaltungsräte zwischen 95 und 100 Prozent Ja-Stimmen erhielten, waren es bei Räbsamen «nur» rund 76 Prozent. Das konnte Serra im Anschluss an den offiziellen Teil allerdings erklären: In der Schweiz müsse die Führungskraft einer Revisionsgesellschaft eine zweijährige «Cooling-off-Periode» abwarten, bis sie in einen Verwaltungsrat eintreten dürfe; diese hat Räbsamen auch eingehalten. Angelsächsische Stimmrechtsberater würden hierbei aber auf drei Jahre pochen – deswegen habe ein Stimmrechtsberater mit Nein abgestimmt.

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