Weshalb das Elternsein mir so viele Filme verdorben hat

Ralph Denzel | 
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Fast jeder hat den Disney-Klassiker «Der König der Löwen» mindestens schon einmal gesehen. Simba, Mufasa, Scar, Timon und Pumba. Summt ihr auch gerade «The Circle of Life» in eurem Kopf? Oder seht ihr, wie Rafiki den kleinen Simba in die Luft hebt?

Nun, das letzte Mal, dass ich diesen Film gesehen habe, war ungefähr im Jahr 2012. Warum ist das so lange her? Ganz einfach: Zwischen 2012 und 2024 ist ein kleines Wesen in mein Leben getreten, das mich jetzt Papa nennt. Und wie alle Eltern möchte ich mein Kind um jeden Preis vor schmerzhaften Erfahrungen und Traurigkeit schützen.

Spoilerwarnung: In «Der König der Löwen» gibt es eine Stelle, die mir, besonders seit ich einen Sohn habe, so sehr die Tränen in die Augen treibt, dass ich den ganzen Film mittlerweile meide. Ich meine natürlich die Stelle, an der Mufasa stirbt und der kleine Simba sich traurig an seinen toten Papa kuschelt. Seit ich ein Kind habe, brüllt da immer eine kleine, grausame Stimme in mir: «Stell dir vor, das wäre dein Sohn.»

Tja, dann geht das Kopfkino los, und das ist leider viel böser als jeder Disneyfilm.

Disney-Filme sind ohnehin dafür bekannt, dass in ihnen oft etwas Tragisches passiert. Deshalb sind solche Filme für mich mittlerweile tabu. Ich halte das einfach nicht mehr aus.

Doch leider hört es nicht bei Disney auf: Es ist zum Teil erschreckend, wie viele Filme Kinder «leiden» lassen. Kriegsfilme, in denen es Kindern schlecht geht, kommen bei mir nicht mehr auf den Bildschirm. Ich weiss, dass die Regisseure damit vor allem das Leid, meist realer Ereignisse, greifbarer machen wollen. Wenn ich aber ein Kind sehe, das leidet, das Angst hat oder dem etwas Schlimmes passiert, dann sehe ich darin sofort meinen Sohn. Deshalb fallen viele Blockbuster bei mir durch.

Dasselbe gilt für Serien und Dokumentarfilme: Ich weiss nicht, wie viele Serien ich nicht zu Ende geschaut habe, weil darin ein Kind stirbt. Dokumentationen, vor allem medizinische, kann ich sowieso nicht mehr anschauen, wenn Kinder darin vorkommen.

Aber es geht noch weiter. Meinen Lieblingsautor Stephen King lese ich auch nur noch selten, weil Mr. King mir hier auch keinen Gefallen tut. Wenn bei ihm ein Mensch von unheimlichen Wesen verfolgt und getötet wird, kann ich danach das Buch weglegen und weiterschlafen. Wenn es ein Kind ist, ist die Nacht für mich gelaufen.

So paradox es klingen mag: Der sicherste Weg, diesem Dilemma zu entkommen, ist – eigentlich gegen meine üblichen Sehgewohnheiten – besonders harte Filme zu schauen. In Horrorfilmen werden ja bekanntlich meistens Erwachsene abgeschlachtet. Oder ich schaue mir absurde Komödien an, die ungefähr so anspruchsvoll sind wie ein zweiteiliges Puzzle. Da riskiere ich wenigstens nicht, dass ein Kind im Alter meines Sohnes leiden muss.

Hier schreibt Ralph:

 

39 | Alleinerziehender Papi | schreibt über die Alltagstücken als Alleinerziehender

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Kommentare (1)

Anton Riess Di 16.04.2024 - 10:26

es gab mal bis zu einer bestimmten Zeit ein Tabu sowas zu zeigen, welches jedoch gebrochen wurde. Eine neue Dimension erreichte dann die "Tribute von Panem".

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