«Sie müssen so oder so mehr bezahlen»

Beat Rechsteiner | 
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Markus Wechsler sieht steigende Kosten beim Immobilienkauf. Bild: ZVG, profifoto.ch

Wer sich ein Eigenheim leisten will, muss dafür heute deutlich tiefer in die Tasche greifen als auch schon. Dazu tragen unter anderem die hohen Nachhaltigkeitsanforderungen bei. Ist es überhaupt noch sinnvoll, in der aktuellen Situation in Immobilien zu investieren? Wir fragen nach bei Markus Wechsler. Als Leiter Immobilien-Investoren der Schaffhauser Kantonalbank und Präsident der Liegenschaftenkommission der Pensionskasse Schaffhausen kennt er den hiesigen Immobilienmarkt wie seine Westentasche.

Die ganze Welt spricht in fast jedem Themenbereich unaufhörlich von Nachhaltigkeit. Ganz kurz gesagt: Was bedeutet dieser Trend für mich, wenn ich ein Einfamilienhaus kaufen möchte?
Markus Wechsler: Fest steht: Sie kommen heute nicht mehr darum herum, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen, wenn Sie eine Immobilie erwerben möchten. Grund dafür ist ein gesteigertes Umweltbewusstsein in unserer Gesellschaft, aber vor allem auch die Entwicklungen im Bereich Energieversorgung. Im Vordergrund stehen beim Kauf deshalb energetische Themen und eine nachhaltige Bauweise.

Das heisst, ich muss noch tiefer in die Tasche greifen …
Wechsler: Es ist tatsächlich so, dass ältere Liegenschaften heute manche Käuferinnen oder Käufer abschrecken, weil der Investitionsbedarf so hoch ist. Früher wurden Erneuerungsarbeiten etwa am Heizsystem, an den Fenstern, an der Dämmung oder am Dach etappiert und über mehrere Jahre verteilt durchgeführt und abgeschrieben. Das hat sich verändert. Heute lassen sich aus umwelt-, versorgungs- und kostentechnischen Überlegungen Investitionen nicht auf die lange Bank schieben. Dadurch stehen beim Kauf einer älteren Liegenschaft gleich zu Beginn höhere Investitionen an.

Und wenn ich eine bereits optimierte Liegenschaft erwerbe?
Wechsler: Dann ist der Preis höher, denn Nachhaltigkeit gibt es nicht kostenlos. Sie müssen also so oder so mehr bezahlen.

Sie haben die Heizsysteme bereits angesprochen: Das ist heute ein wichtiger Punkt für Käufer.
Wechsler: Definitiv. Wir spüren eine gewisse Zurückhaltung beim Kauf von Immobilien, die noch mit Gas oder Öl geheizt werden. Das ist nachvollziehbar, weil jeder weiss: Eher in kurzer als langer Frist wird man das alte System ersetzen müssen durch modernere, nachhaltigere Varianten wie eine Wärmepumpe.

Die Zinsen steigen, der Immobilienmarkt verliert an Attraktivität und in Sachen Nachhaltigkeit steigen die Anforderungen: So richtig bietet es sich derzeit nicht an, in Immobilien zu investieren, oder?
Wechsler: Es ist heute zumindest anspruchsvoller geworden. In der zurückliegenden, langen Negativzinsphase haben viele Anleger und Investoren auf Immobilien gesetzt, um mit überschaubarem Risiko eine verlässliche Rendite zu erzielen – das hat für steigende Preise gesorgt. Jetzt, da die Zinsen wieder anziehen, gewinnen Anleihen und andere festverzinsliche Anlagevehikel an Attraktivität. Dennoch gibt es im Immobilienbereich auch heute noch spannende Investitionsmöglichkeiten. Professionelle Investoren planen in der Regel langfristig und beziehen nicht realisierte Ausnutzungsreserven, vorhandenes Mietzinspotenzial oder steuerlich attraktive Um- oder Ausbauten in ihre Überlegungen mit ein. Erst wenn alle Parameter berücksichtigt werden, lässt sich abschätzen, ob die Investition in eine Immobilie attraktiv ist oder nicht.

Wie unterstützen Sie Kunden, die gerne Eigenheim erwerben würden, die gestiegenen finanziellen Anforderungen aber nicht bewältigen können?
Wechsler: Zunächst ist es wichtig, Transparenz zu schaffen. Deswegen sprechen wir die anstehenden Nachhaltigkeitsinvestitionen gegenüber unserer Kundschaft immer proaktiv an und bieten mit unserem «Wegweiser für energetische Sanierungen» wichtige Hintergrundinformationen. Entlastung können Förderprogramme bieten, aber auch unsere Nachhaltigkeitshypothek, die im ersten Jahr nicht verzinst werden muss.

Kann die Kantonalbank auch bei den Eigenmitteln etwas grosszügiger sein, wenn der Kunde die Nachhaltigkeitsinvestitionen trägt?
Wechsler: Nein, dies ist leider nicht möglich. Hier müssen wir uns an die regulatorischen Vorschriften halten – die 20 Prozent Eigenmittel beim Kauf eines Eigenheims beziehungsweise die 25 Prozent beim Erwerb eines Renditeobjekts sind vorgegeben.

Wo steht der Kanton Schaffhausen mit Blick auf nachhaltige Immobilien?
Wechsler:
Eine zuverlässige Aussage für den ganzen Kanton zu machen, ist schwierig. Die Entwicklungen lassen sich aber gut am Beispiel der Pensionskasse Schaffhausen verdeutlichen, bei der ich die Liegenschaftenkommission präsidiere. Schon anfangs 2020 haben wir für alle direkten Immobilienanlagen eine konkrete Nachhaltigkeitsstrategie formuliert mit messbaren Zielen etwa für den Energieverbrauch und den CO2-Ausstoss. Die grösseren Pensionskassen und institutionellen Anleger sind ein Treiber für nachhaltige Immobilien. Deshalb würde ich sagen: Wir stehen im Kanton Schaffhausen sicher nicht schlechter da als der Schweizer Durchschnitt.

Zur Person: Markus Wechsler

Seit 2016 ist Markus Wechsler bei der Schaffhauser Kantonalbank tätig. Seit Mitte 2022 leitet er die für die Bank zentrale Abteilung Immobilien-Investoren. Insgesamt 14 Mitarbeiter sind zuständig für die Beratung von privaten und institutionellen Immobilien-Investoren, Baupromotoren, Baugenossenschaften und Immobilienunternehmen. Als Präsident der Liegenschaftenkommission der Pensionskasse Schaffhausen ist er zudem mitverantwortlich für die Definition und Umsetzung der Immobilienstrategie der Pensionskasse für direkte Immobilienanlagen.

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