«Black Friday» in Schaffhausen: Die grosse Gelassenheit

Iris Fontana | 
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Tischmesse Schaffhausen
Tischmesse Schaffhausen
Im Kanton Schaffhausen hält sich die Begeisterung für die importierte Schnäppchenjagd in Grenzen. Archivbild: Melanie Duchene

Kreischende Horden, die auf Schnäppchenjagd rücksichtslos die Ellbogen ausfahren: In Schaffhausen kennt man das höchstens von YouTube-Videos aus den USA. Wir haben bei verschiedenen Ladenbetreibern nachgefragt, wie es denn war am vergangenen «Black Friday» und ob sie sich überhaupt an der Rabattschlacht beteiligen. Der Tenor: In unserer Region hält sich die Begeisterung für das aus Amerika importierte Einkaufsfestival in Grenzen.

Sarah Schwaninger
«Wir machen bewusst nicht mit beim 'Black Friday'. Es stört mich. Der Name, dieser Trend, ich empfinde es als Stress und Hetze. Folgender Facebook-Post bringt es für mich gut auf den Punkt: ‘The day people trample each other for sales exactly one day after being thankful for what they already have.’» (Da der «Black Friday» in den USA immer einen Tag nach Thanksgiving stattfindet).
Sarah Schwaninger, Herzlichkeiten, Neunkirch. Bild: Deborah Erne
Roberto Muriel, Manor Schaffhausen. Bild: ZVG
«Die vorweihnachtlichen Promotionstage erfahren in den derzeit unsicheren Zeiten einen starken Zuspruch. Die Kunden schätzen die Möglichkeit, im November schon von verschiedenen attraktiven Angeboten profitieren und Weihnachtseinkäufe tätigen zu können. Der Umsatz der Manor Black Days (vom Mittwoch 23.11.22 bis und mit Freitag 25.11.22) ist insgesamt stärker ausgefallen als erwartet und stationär im Warenhaus Schaffhausen mit dem Vorjahr vergleichbar, der Onlineshop manor.ch verzeichnete eine Umsatzsteigerung und den erfolgreichsten Black Friday bisher.»
Roberto Muriel, Manor Schaffhausen. Bild: ZVG
Manuel Brodtbeck, Fäsch, Schaffhausen
«Wir beteiligen uns nicht am 'Black Friday'. Das Konzept empfinden wir als negativ behaftet. Es ist für uns Ausdruck eines amerikanischen Lifestyles übertriebener Konsumgesellschaft. In unserem Laden macht eine Teilnahme zudem auch keinen Sinn. Es gibt nicht wirklich jemanden, der mit dem Kauf einer Tasse speziell auf diesen Tag und einen Rabatt wartet. Mitgemacht haben wir jedoch beim Nightshopping und da konnten wir am Freitagabend von 18.30 bis 21 Uhr schon noch etwas Zusatzumsatz generieren.»
Manuel Brodtbeck, Fäsch, Schaffhausen. Bild: Melanie Duchene
Daniel Heusi, EP Heusi. Bild: ZVG
«Unser Verbund, die EP (Electronic Partner) Schweiz fragt jedes Mitglied im Voraus an, ob es sich am 'Black Friday' beteiligen möchte. Ich machte bislang mit, aber die Nachfrage ist so gering, dass ich mir ernstlich überlege, ob ich in Zukunft nicht aufhören soll, da es sich für mich auch finanziell nicht lohnt. Es kamen trotz Werbung in der ganzen Region nur einige wenige Online-Bestellungen rein, vor allem Fernseher. Ins Geschäft kam an diesem Freitag praktisch kein Kunde, um von einem Schnäppchen zu profitieren.»
Daniel Heusi, EP-Heusi, Neunkirch. Bild: ZVG
Linda und David Laube, Kurt Schwaninger AG, Hallau, Schaffhausen, Thayngen, Andelfingen
«Wir sind der Auffassung, dass man nicht jedem Trend aus Amerika folgen muss. Trotzdem beobachten wir die Sache ziemlich genau und stellen fest, dass der Kunde oft schlicht und einfach über den Tisch gezogen wird mit alter Ware oder einem vorrausgehenden Uppricing. Wir sind der Überzeugung, dass faire Preise und ein ganzjährig guter Service unseren Kunden mehr wert ist als eine Rabattschlacht auf zuvor angehobene Preise.
Wir schliessen unsere Läden auch um 18.30 Uhr – wie übrigens auch bei Abendverkäufen – da wir der Ansicht sind, dass die Öffnungszeiten im Detailhandel mehr als lange genug sind. Unsere Leute haben auch einmal Feierabend. Es wird nicht mehr Umsatz generiert mit längeren Zeiten, es verteilt sich nur über mehr Stunden und die Betriebskosten liegen höher. Wir sind klar für eine Regulierung der Öffnungszeiten.»
Linda & David Laube, Kurt Schwaninger AG, Hallau, Schaffhausen, Thayngen, Andelfingen. Bild: ZVG

Black Friday in der Gesamtschweiz

Zwischen Rabattwoche und Konsumverzicht

Die Schweizer Detailhändler zeigen sich laut Anfrage der Nachrichtenagentur AWP beim Detailhandelsverband Swiss Retail Federation zufrieden mit dem Geschäft vom vergangenen Freitag. Besonders gut seien Artikel aus den Bereichen Bekleidung, Elektronik, Spielzeug sowie Einrichtungsgegenstände gelaufen. «Viele melden zurück, dass es besser lief als erwartet», kommentiert Verbandssprecherin Dagmar Jenni.

Zwar vermeldete die Online-Plattform blackfridaydeals.ch dieses Jahr zum ersten Mal rückläufige Umsätze für den eigentlichen «Black Friday» – eine Trendwende kann man daraus aber nicht ableiten. Allerdings scheint es Veränderungen zu geben: Der Trend entwickelt sich weg von einem grossen «Aktionsschlacht-Tag» hin zu einer gesamten Rabattwoche, welche technisch und logistisch für die Unternehmen einfacher zu handhaben ist. So berichtet Stephan Kurmann, Mediensprecher des grössten Schweizer Online-Händlers Digitec Galaxus, denn auch: «Betrachtet man die gesamte Aktionswoche, so verzeichnen wir ein Umsatzplus gegenüber der Vorjahresperiode». Das Wachstum kommt bei Galaxus auch daher, dass der durchschnittliche Bestellwert der verkauften Produkte zwei Prozent höher liegt als im Vorjahr.

Geplanter Konsumverzicht

Trotz der Festlaune der Gesamtbranche stehen die kritischen Stimmen unserer kleinen Umfrage bei Schaffhauser Detailunternehmen nicht isoliert da: Eine Umfrage von Demoscope im Auftrag von «blackfridaydeals.ch» im Vorfeld des 25. Novembers ergab, dass drei Viertel der Bevölkerung an diesem Tag auf Konsum verzichten will, ein Drittel von ihnen der Nachhaltigkeit zuliebe. Dabei zeigen sich insbesondere Ältere der Umwelt zuliebe zum Verzicht bereit, wohingegen bei den Jugendlichen über die Hälfte angab, den Tag bewusst fürs «Shoppen» nutzen zu wollen.

Zeitpunkt und Wirtschaftlichkeit in der Branche umstritten

Klar ist: Der «Black Friday» ist in der Branche umstritten. So äussert sich Patrick Kessler, Geschäftsführer des HANDELSVERBAND.swiss gegenüber SRF dahingehend, dass er den Zeitpunkt einer Rabattschlacht so kurz vor den Festtagen als ungünstig erachte, weil ja zu diesem Zeitpunkt sowieso Weihnachtseinkäufe getätigt würden. Vielmehr glaubt er, dass eine solche Aktion im Frühling oder Frühsommer den Unternehmen mehr bringen würde.

Betreffend Wirtschaftlichkeit erklärt Luca Guiriato, Detailhandelsexperte beim Marktforschungsunternehmen GfK, dass der «Black Friday» zwar Umsätze generiere,  welche drei- bis viermal höher lägen als in einer normalen Kalenderwoche. Ob die Branche jedoch wirtschaftlich von den Rabatttagen wirklich profitiere, sei umstritten. Denn durch die Sonderangebote sinke die Verkaufsmarge, und Zahlen zeigten, dass sich Kunden dafür im Vorfeld bei den Einkäufen zurückhielten. So seien vier bis sechs Wochen vor dem «Black Friday» deutliche Umsatzrückgänge zu beobachten, was davon zeuge, dass gewisse Kunden bewusst mit dem Einkauf auf den grossen Rabatttag warteten.

Giving Tuesday statt Black Friday

Besonders kreativ zeigt sich Jelmoli. Schnäppchenangebote suchte man im Zürcher Traditionshaus am «Black Friday» vergebens. Begangen wird der Tag jedoch trotzdem – auf besondere Art. Pro 50 Franken Einkauf legt das Unternehmen nämlich fünf Franken für gute Zwecke auf die Seite. Der Gesamtbetrag wird dann am auf den «Black Friday» folgenden Dienstag, dem «Giving Tuesday», an einen gemeinnützigen Verein gespendet. Letztes Jahr kamen bei dieser Aktion 47'950 Spendenfranken zusammen. Wie Blick berichtet, reagierten die Kunden gemäss Jelmoli sehr positiv und schätzten die klare Positionierung und Haltung des Unternehmens im Hinblick auf soziale Verantwortung, Solidarität und bewusstem Konsum.

Bei Ikea wiederum gibt es statt dem Black Friday den Buyback-Friday. Den Rückkaufservice bietet das Möbelhaus zwar das ganze Jahr über an, während den Buyback-Friday-Wochen, welche dieses Jahr vom 14. bis 27. November stattfanden, wird den Ikea Family-Mitgliedern jedoch der doppelten Rückkaufwert ausbezahlt.

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