Ist Ihre Jacke ein E-Trotti oder ein SUV? Das sagt ein Schaffhauser Experte…

Iris Fontana | 
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Funktional und nachhaltig oder einfach bloss trendig? Bild: Pexels.com

Hand auf's Herz: Ziehen Sie sich die multifunktionale Allwetter-Bergsteiger-Jacke an, selbst wenn Sie nur zum Poschten in die Schaffhauser Altstadt gehen? Sie sind nicht allein – Outdoor- und Funktionsbekleidung durchzieht unseren Alltag immer mehr. Ein Grund, einmal bei Martin Wanner, Geschäftsführer der Wamo Outdoor AG, anzuklopfen. Er verrät uns, was er von angesagten, gebrandeten Daunenmänteln in Städten denkt, wie man sich bei den zunehmenden Wetterkapriolen am besten kleidet und wie sich seine Firma gegenüber der enormen Online-Konkurrenz behauptet.

Immer mehr begegnet man auch in der Stadt Menschen in Outdoor- oder Funktionskleidung. Wie kommt das?

Martin Wanner: Meiner Meinung nach ist Outdoor-Bekleidung schon seit Längerem salonfähig geworden. Gewisse Marken geben auch ein Statement ab: Sie präsentieren sich als langlebig und nachhaltig. Firmen wie beispielsweise «Patagonia» haben dieses Image und indem man solche Marken trägt, drückt man diese Werte aus. Ausserdem sind die Marken auch modischer geworden – obwohl der Aspekt Funktion immer noch überwiegt. Es ist nicht mehr so, dass, wenn jemand mit der Mammut-Jacke um die Ecke kommt, die Leute das Gefühl haben, einen Bergführer vor sich zu haben.

Ist der Trend vergleichbar mit demjenigen der SUVs, die ja eigentlich nicht für den Stadtverkehr konzipiert sind?

Wanner: Ich kann nur von unserer Kundschaft sprechen, und das ist jetzt nicht unbedingt die SUV-Kundschaft – wobei ich ehrlich gesagt nicht bei jedem Kunden weiss, was er für ein Auto fährt... Im Gegenteil, es sind eher Menschen, denen der Umweltschutz stärker am Herzen liegt und die gerne draussen in der Natur sind. Also weniger vergleichbar mit Zürich, wo viele Menschen einfach ein anderes Statement verkörpern.

Nämlich…?

Wanner: Wie diese Daunenmäntel, wie war nochmals der Name…

Meinen Sie «Canada Goose»...?

Wanner: Genau. Damit war ja vor kurzem in Zürich fast jeder ausgestattet. Das war für viele schon fast Pflicht, genauso wie wahrscheinlich auch der SUV. Halt einfach das, was gerade in ist. Das kann aber jederzeit ändern, die Marken sind austauschbar. Wir sind hier in Schaffhausen schon noch etwas mehr auf dem Land, wenn man so will.

Martin Wanner

Martin Wanner, Wamo

Der 57-jährige Martin Wanner ist Schaffhauser durch und durch. In der Stadt aufgewachsen, lebt er auch heute noch hier. Nach seiner Schreinerlehre bildete er sich im kaufmännischen Bereich weiter, wobei er neben dem Beruf auch immer gern reiste und sich bewegte. So sammelte er über die Jahre rund um den Globus viele Reiseerfahrungen, aber auch viel eigenes Knowhow im Bereich Outdoor-Aktivitäten. Im Jahr 2000 nutzte er dann die Chance als Quereinsteiger bei Wamo, damals Wamo Reisen, einzusteigen und konnte so seine Liebe zur Outdoor-Branche zum Beruf machen. Noch heute ist er in seiner Freizeit gerne unterwegs und testet dabei seine Produkte auf Reisen, in den Bergen oder auf dem Velo.

Mit den vergangenen Wetterkapriolen scheint funktionale Kleidung ja auch Sinn zu machen. Verreist man heute in die Ferien, weiss man schon gar nicht mehr, was man einpacken soll, wenn die Temperatur innerhalb von einer Woche um 15 Grad Celsius variiert… Ihr Tipp?

Wanner: Nach wie vor empfehle ich das Zwiebelprinzip, das heisst, verschiedene Schichten übereinander zu tragen. Am Morgen ist dann vielleicht noch ein Isolationskleidungsstück unter dem Wetterschutz nötig, das man dann am Mittag ausziehen kann.

Was tragen Sie beim aktuellen Wetter?

Wanner: Unter der Regenjacke, die auch den Wind abhält, trage ich gerne dünne Isolationsschichten. Wenn es sehr kalt ist, eine dünne Daunenjacke. Als erste Schicht ist mein Favorit Merinobekleidung, die viel ausgleichender ist als rein synthetische Materialien.

Sie werben mit dem Claim: «Wir kennen, was wir verkaufen». Wie halten Sie dieses Versprechen, Ihr Sortiment ist ja nicht gerade klein…

Wanner: Ich kann wirklich hinter unserem Claim stehen, das ist nicht nur ein Werbegag. Wenn wir planen, ein neues Produkt ins Sortiment aufzunehmen, besorgen wir dieses frühestmöglich und testen es, um es zu prüfen und dem Kunden unsere Erfahrungen weitergeben zu können.

Wie steht es mit dem Fachkräftemangel in Ihrer Branche?

Wanner: Glücklicherweise sind wir ein sehr gut aufgestelltes Team, wofür ich äusserst dankbar bin. Was die Rekrutierung zudem etwas leichter macht, ist, dass man auch als Quereinsteiger in den Job wechseln kann. Aber ein Flair dafür braucht es definitiv.

Wie steht es denn mit der Konkurrenz im Onlinebereich?

Wanner: Wir haben eine Kundschaft, die gerne in den stationären Laden kommt, da ihr Beratung und Unterstützung wichtig sind. Da können wir dann explizit auf ihre Bedürfnisse eingehen. Dies ist auch nachhaltig, da der Kunde dann mit dem richtigen Produkt versorgt ist und nicht fünf verschiedene Varianten bestellen und vier davon wieder zurückschicken muss und mit dem einen Stück, das er behält, nur halb zufrieden ist.

Sie haben früher nebst Outdoor-, Freizeit- und Sportbekleidung auch Reisen angeboten. Weshalb haben Sie der Reisebranche den Rücken gekehrt und voll auf den Bereich Outdoor gesetzt?

Wanner: Wir hatten nicht geplant, die Reisesparte aufzulösen. Das ist, wenn man so will, ein Corona-Schaden. Da wir mit dem Reiseanbieter Globetrotter kooperierten und die Firma während der Pandemie gewisse Filialen zusammenlegte, traf es auch Schaffhausen. So beschlossen wir – obwohl Reisen auch jetzt noch zu uns passen würden – das Reisebüro aufzugeben und im freigewordenen Platz etwas Anderes aufzuziehen. Wir entschieden uns dann für Velobekleidung, da wir selbst oft mit dem Velo unterwegs sind und auch von unserer Kundschaft einen Bedarf spürten.

Wohin geht der Trend im Bereich Outdoor-Bekleidung?

Wanner: Neben dem Thema Nachhaltigkeit, das nach wie vor aktuell ist, spüren wir auch einen grösseren Wunsch nach europäischer Produktion. Zudem werden Produkte, die sich fürs Weitwandern eignen, vermehrt nachgefragt. Also zum Beispiel leichtes Gepäck, um den Jakobsweg oder Etappen davon zu absolvieren.

Und im Sportbereich?

Wanner: Seit rund zehn Jahren wird in der Branche das «Trail Running», also Langstreckenlauf abseits der asphaltierten Strassen, beworben. Dies ist momentan vor allem in Frankreich ein grosser Hit, hat aber auch bei uns in den letzten drei Jahren eine breitere Masse erfasst.

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